Handwerk im Märkischen Kreis leidet unter Energiekrise

Die Energiekrise und der Materialmangel treffen das Handwerk in unserer Region mit immenser Wucht. Das zeigt jetzt die aktuelle Konjunkurumfrage der Handwerkskammer Südwestfalen. In dem Bericht heißt es: Das heimische Handwerk steht vor einem Szenario, das "bislang als völlig ausgeschlossen galt und für das es keine Vorkehrungen gibt". 

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So führen die explodierten Energiepreise zu einem immensen Preisdruck. Hinzu kommen die unsichere Versorgungslage und der Materialmangel.

Viele Betriebe sind verunsichert und skeptisch. Die Mehrheit aller Konditorenbetriebe, Fleischerein und Bäckereieneine erwartet demnach eine weitere Verschlechterung der Lage. Viele Fotografenbetriebe beklagen Ausfälle durch abgesagte Events wie Familienfeiern und auch Friseure und Kosmetiker blicken mit Skepsis auf die nächsten sechs Monate. Die Bau- und Ausbaubetriebe stehen im Vergleich noch am besten da, weil viele Menschen versuchen den hohen Energiepreisen mit Sanierungen entgegenzuwirken. 

Energiekrise und Materialmangel treffen Unternehmen mit immenser Wucht

Energiekrise: Inflation, Rezession, Wohlstandsverlust“ steht über dem Gutachten der Wirtschaftsweisen. Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage im Südwestfälischen Handwerk zeigen, dass ein Begriff fehlt: Existenzgefahr! Die „Zeitenwende“ steht in der Folge der Pandemie, die schon seit Jahren tief ihre Spuren eingegraben hat und jetzt vor allem die Kriegs- und Sanktionsfolgen beschreibt. Mit anderen Worten: Nun trifft die Energiekrise die Unternehmen mit teils immenser Wucht.

Zunehmende Verunsicherung

Das Handwerk steht einem Szenarium gegenüber, das bislang als völlig ausgeschlossen galt und für das es keine Vorkehrungen gibt. Die exorbitanten Preis­steigerungen bei allen Formen der Energie – vom Kraftstoff über Strom bis hin zu Gas und Öl – führten zu einem immensen Preisdruck, der nun zu verkraften ist. Hinzu kommt die infrage gestellte Versorgungssicherheit. Niemand kann abschätzen, wie extrem die Entwicklung verlaufen wird. Die Verunsicherung steigt rapide an. Viele Betriebe sind in einem Abwärtsstrudel und es mangelt an Hoffnung auf eine Besserung der Situation – ganz im Gegenteil! Nach einer kurzen Erholung im vergangenen Herbst war nach dem russischen Einmarsch der Konjunkturklimaindex (GKI) deutlich abgesackt. Über den Sommer hinweg hat sich dies fortgesetzt. Bestimmt wird der Trend durch die negative Erwartung der Betriebe. Wie weit das gehen wird, hängt allerdings vor allem von deren Betroffenheit ab, die sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Ebenso machen sich z. B. im Bausektor drastisch gestiegene Materialpreise bemerkbar.

Im Kammerbezirk stehen die Gruppen Bau und Ausbau zwar weiter an der Spitze, doch mussten auch sie deutliche Einbußen hinnehmen und liegen unterhalb der Marke von 100 Punkten. Dass die Ausbauhandwerke recht stabil notieren, danken sie dem Versuch der Verbraucher, die gestiegenen Energiekosten durch Sanierungen zu begegnen. Hier ist aber die Beschaffung von Material problematisch. Der Markt für Aggregate ist leergefegt und die Hersteller haben Produktionsausfälle durch mangelnden Nachschub. Materialmangel und Preissteigerungen sowie das Abflauen im Bereich Neubau werden die Abwärtstendenz im gesamten Baubereich verfestigen.

Toxische Mischung

Ebenfalls schwächer notiert das Handwerk für den gewerblichen Bedarf. Als Teil der Lieferkette spüren sie unmittelbar die zurückgehende industrielle Produktion. Zudem sind sie in hohem Maß auf Vorprodukte angewiesen, doch sind Mengen wie Preise keine zuverlässige Kalkulationsgrößen mehr. Noch deutlicher zeigt sich die Lage bei den Kfz-Handwerken. Schon während der Pandemie hatten sie durch Schließungen große Einbußen. Als die Nachfrage wieder aufkeimte, bremsten Lieferschwierigkeiten der Hersteller den Absatz. Jetzt taucht zusätzlich ein geändertes Verbraucherverhalten auf, denn die Kunden nehmen nur noch die Werkstattleistungen in Anspruch, die sich als absolut notwendig erweisen. Man kann es kurz fassen: Die Mischung macht’s – und die ist für das Kfz-Handwerk toxisch. Sie ist es auch, die den Nahrungsmittelhandwerken zusätzlich zu den Energiepreisen das Leben schwer macht. Erste Preisanpassungen brachten keine Erleichterung. Der Trend zum Billigbrot und zum Billigfleisch aus dem Discounter gilt bei vielen in der Branche als ausgemacht. Trotz der Themen Bio und Tierwohl schaut der Kunde eben zuerst ins Portemonnaie, dann auf’s Etikett und erst zum Schluss auf Qualität und ethische Werte. So erwarten alle Konditorenbetriebe eine weitere Verschlechterung der Lage. Bei den Fleischereien sind es immerhin 74 und bei den Bäckereien auch noch deutliche 68 Prozent.

Kostendruck steigt rapide an

Deutlich besser geht es den Gesundheitshandwerken. Obwohl sie Abstriche gegenüber früher machen mussten. Augenoptiker, Hörakustiker und Zahntechniker fühlen aber ebenso die Preissteigerungen im Bereich Energie wie auch die gestiegenen Materialkosten. Hinzu tritt eine zunehmende Filialisierung durch große Ketten, die den Druck erhöhen. Das Handwerk für den privaten Bedarf umfasst neben einigen kleinen Handwerken vor allem Betriebe aus den Bereichen Friseur und Kosmetik sowie Fotografie. Während das Fotografenhandwerk sowohl den privaten wie den gewerblichen Kunden anspricht, beschränkt sich der Kreis im Friseurhandwerk und bei den Kosmetikerbetrieben einzig auf Private. Sie erzielten ein besseres Geschäftsergebnis als im Fotografenhandwerk. Friseurleistungen gehören zum Grundbedarf. Bei der Erwartungshaltung hinsichtlich der kommenden sechs Monate herrscht eine jedoch große Skepsis vor. Die Fotografenbetriebe beklagen Ausfälle durch ausgefallene Events wie Familienfeiern. Ob Aufträge aus dem gewerblichen Bereich die Geschäftsentwicklung werden stützen können, muss abgewartet werden. Angesichts der drohenden Rezession werden Ausgaben zur Repräsentation die Opfer der Einsparungen sein. 

Grafik zur Konjunkturumfrage im Handwerk
Unterschiedlich stark ist der wirtschaftliche Einbruch im südwestfälischen Handwerk: Inzwischen liegen alle Handwerksgruppen im negativen Bereich. In vielen Unternehmen herrscht eine große Unsicherheit.© Markus Kluft
Unterschiedlich stark ist der wirtschaftliche Einbruch im südwestfälischen Handwerk: Inzwischen liegen alle Handwerksgruppen im negativen Bereich. In vielen Unternehmen herrscht eine große Unsicherheit.
© Markus Kluft

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