Union und SPD bei Votum über Finanzpaket vor erstem Test

Bundestag
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Milliarden-Finanzpaket

Berlin (dpa) - Die mögliche neue Regierungskoalition aus Union und SPD steht noch vor ihrem Zustandekommen vor ihrer ersten großen Bewährungsprobe. CDU, CSU und SPD müssen an diesem Dienstag ihr schuldenfinanziertes Milliarden-Finanzpaket durch den Bundestag bringen. Da dafür an mehreren Stellen das Grundgesetz geändert werden soll, brauchen sie eine Zweidrittelmehrheit, die sie mit Hilfe der Grünen erreichen wollen. Er sei «zuversichtlich», dass diese zustande kommen werde, sagte der mögliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) nach einer Sitzung der Unionsfraktion. 

Gelingt dies tatsächlich, muss am Freitag auch im Bundesrat die Hürde von zwei Dritteln der Stimmen genommen werden. In der Länderkammer scheint diese Mehrheit garantiert, nachdem die bayerische Landesregierung aus CSU und Freien Wählern Zustimmung signalisiert hat. Im Bundestag ist eine so breite Unterstützung allerdings noch nicht sicher. Scheitern CDU, CSU und SPD, würde ihnen das finanzielle Fundament für die geplanten Investitionen in die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und in die Infrastruktur wegbrechen.

Weitere Eilanträge gegen Finanzpaket ohne Erfolg

Unterdessen scheiterten in Karlsruhe weitere Versuche, den Beschluss des Bundestags am Dienstag zu stoppen. Das Bundesverfassungsgericht verwarf mehrere Eilanträge gegen die geplante Abstimmung, wie das höchste deutsche Gericht am Abend mitteilte. Darunter waren Anträge von Bundestagsabgeordneten von AfD, Linke, FDP und dem BSW.

In der Abwägung wäre der Schaden aus Sicht des Gerichts höher, wenn eine einstweilige Anordnung erginge und die Sondersitzung des Bundestags gestoppt würde - der Antrag aber in der Hauptsache keinen Erfolg hätte. Der Eingriff in die Autonomie des Parlaments wäre dann erheblich. Ob der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens die Abgeordnetenrechte verletzt hat, soll ungeachtet der Eilentscheidung jeweils in der Hauptsache geklärt werden. Schon am Freitag hatte das Gericht mehrere Anträge gegen die einberufenen Sondersitzungen des alten Bundestags verworfen. Sie seien unbegründet. 

Das Schuldenpaket soll noch vom alten Bundestag verabschiedet werden, weil es im neuen dafür keine Mehrheit mehr gäbe. Der am 23. Februar neu gewählte Bundestag wird am Dienstag kommender Woche erstmals zusammentreten. 

Was zur Abstimmung steht

Union und SPD hatten sich am vergangenen Freitag nach langem Ringen mit den Grünen verständigt, die für die Zweidrittelmehrheit im Bundestag gebraucht werden. Sie wollen das Grundgesetz an mehreren Stellen ändern lassen: Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit sollen nur noch bis zu einer Grenze von einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts – also gemessen am BIP 2024 etwa 43 Milliarden Euro – unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann aus Krediten bezahlt werden.

Die Länder sollen mehr Spielraum für die eigene Verschuldung bekommen. Zudem soll im Grundgesetz ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität verankert werden. Es wird von der Schuldenbremse ausgenommen und mit 500 Milliarden Euro aus Krediten gefüttert. Davon sind 100 Milliarden Euro für die Länder und weitere 100 Milliarden Euro für Maßnahmen zum Klimaschutz vorgesehen.

Forderung: Klimaschutz und Wirtschaft zusammenbringen

CDU-Vize Andreas Jung mahnt an, bei der Verwendung der Gelder aus dem Investitionspaket Wirtschaft, Soziales und Klimaschutz gemeinsam zu berücksichtigen. «Wir haben die verdammte Pflicht, es zusammenzubringen. Klimaneutralität, wirtschaftliche Stärke, soziale Akzeptanz, Nachhaltigkeit in der ganzen Breite», sagte Jung im Deutschlandfunk. «Nur dann erhalten wir die Akzeptanz, nur dann wird es zum Erfolg.» Es sei immer klar gewesen, dass es auch Investitionen in den Klimaschutz geben müsse, sagte Jung. «Entscheidend ist, dass das, was gemacht wird, sinnvoll ist. Darüber entscheidet die Koalition. Da gibt es keine Bindung.» 

Abstimmung im Bundestag

Die Fraktionen bereiteten am Montag die Sitzung des Bundestages vor. Zum Teil sollte es auch eine Probeabstimmung geben. Union, SPD und Grüne haben zusammen 31 Abgeordnete mehr, als sie für die Zweidrittelmehrheit brauchen. Problematisch ist, dass die Frage noch vom alten Bundestag entschieden werden soll - also auch von vielen Abgeordneten, die dem neuen Parlament gar nicht mehr angehören werden und sich daher unter Umständen weniger an die Fraktionsdisziplin gebunden fühlen.

So kündigte der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja bereits an, dass er das Finanzpaket im Bundestag nicht mit absegnen werde. Die Grundgesetzänderung sei «nicht generationengerecht, und die Begründungen, die dafür herangezogen werden, sind nicht redlich», sagte der scheidende Berliner Bundestagsabgeordnete dem Nachrichtenportal «The Pioneer». 

Bei einer Probeabstimmung in der Grünen-Fraktion gab es nach Angaben aus Teilnehmerkreisen eine Enthaltung und eine unentschiedene Person. Die Abgeordnete Canan Bayram kündigte ein Nein an. «Wir schränken künftige Parlamente mit dem Schuldenpaket in ihren Möglichkeiten zu stark ein», sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Eine kleine einstellige Zahl an Abgeordneten war krank.

Führung der Unions- und SPD-Fraktion zuversichtlich

Die Spitze der Unionsfraktion gibt sich trotzdem optimistisch. Partei- und Fraktionschef Merz ging davon aus, dass die Fraktion bis auf ein paar Abgeordnete - «weniger als eine Handvoll» - für die Grundgesetzänderungen stimmen werde. «Ich glaube, wir haben die Kritiker überzeugt. Es gibt zwei oder drei, die bei ihrer Entscheidung bleiben wollen, morgen nicht zuzustimmen», sagte er nach einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion. Auch SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil verbreitete nach einer Sitzung der Fraktion Zuversicht. Derzeit sei der Stand, dass von den 207 SPD-Abgeordneten einer krankheitsbedingt fehlen und es eine Nein-Stimme geben werde, berichtete er. Es würden jedoch noch Gespräche geführt mit dem Ziel, «dass wir da noch besser werden als SPD-Fraktion». 

Grünen-Spitze wirbt um Zustimmung

Die Grünen-Spitze warb um Zustimmung zu dem gefundenen Kompromiss. Durch die Verhandlungen der Grünen-Fraktionsspitze mit Union und SPD sei das Paket besser geworden, sagte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Rande eines Treffens mit den EU-Energieministern in Brüssel. «Es sind wichtige Vereinbarungen erzielt worden.» 

Es sei eine «Frechheit gewesen, dass man der deutschen Öffentlichkeit ein Infrastrukturpaket als zusätzliche Maßnahmen hat verkaufen wollen und in Wahrheit nur die eigenen Wahlgeschenke damit finanzieren wollte». Das sei aber abgewendet worden, das Paket sei nun «gut oder gut genug», sagte Habeck.

Abstimmung im Bundesrat 

Im Bundesrat sind 46 der 69 Stimmen für die Grundgesetzänderungen nötig. Landesregierungen, an denen nur CDU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen auf 41 Stimmen. Zusammen mit den sechs Stimmen aus Bayern wäre die Zweidrittelmehrheit gegeben. Am Abend sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) bei einem gemeinsamen Statement mit Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl in der Staatskanzlei in München, dass Bayern zustimmen werde. Darauf hätten sich CSU und Freie Wähler in einer Sitzung des Koalitionsausschusses verständigt. 

Julia Klöckner soll neue Bundestagspräsidentin werden

Acht Tage vor der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages fiel bereits eine wichtige personelle Vorentscheidung: Die CDU/CSU-Fraktion nominierte ihre wirtschaftspolitische Sprecherin Julia Klöckner einstimmig für das Amt der Bundestagspräsidentin. «Julia Klöckner kann auf eine ausgeprägte, langjährige parlamentarische Erfahrung zurückgreifen», sagte Merz über die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin. 

Diese betonte, der Bundestag müsse Respekt und Würde zeigen und Vorbild für die Gesellschaft sein. «Wenn nicht wir hier ordentlich mit Respekt miteinander diskutieren und auch streiten, wie solle es dann in der Breite der Gesellschaft geschehen?» Der Union steht als stärkster Fraktion die Besetzung dieses protokollarisch zweithöchsten Amtes nach dem Bundespräsidenten zu.

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